1-2018

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

immer wieder erreichen uns interessante Beitr?ge zu inklusionsbezogenen Fragestellungen, die thematisch nicht in die aktuell angesetzten Schwerpunktsetzungen der Ausgaben passen oder auch den begrenzten Rahmen selbst einer Online-Ausgabe sprengen. Um diesen Beitr?gen dennoch gerecht werden zu k?nnen, behalten wir uns in unregelm??igen Abst?nden vor, Ausgaben von Inklusion-Online ohne eigenen spezifischen ?bergreifenden Schwerpunkt anzusetzen. Es sind so viele hochwertige Beitr?ge eingegangen, dass wir ihnen die beiden ersten Ausgaben in 2018 widmen werden.

In der Ausgabe 2018/1, die wir Ihnen hiermit gerne pr?sentieren, finden Sie Aufs?tze, die sich im Schwerpunkt mit Schule und Unterricht befassen. In der Ausgabe 2018/2 werden Beitr?ge gesammelt, die sich Grundlagenfragen sowie mit den Handlungsfeldern Wohnen und Arbeit auseinandersetzen.

 

Anne Piezunka, Cornelia Gresch und Michael Wrase betrachten zun?chst die Datenlage zur Umsetzung der UN-BRK in Deutschland im Bereich schulischer Inklusion und unterziehen sie einem kritischen Blick. Auch die Vielzahl empirischer Studien, die sich mit p?dagogischen und schulorganisatorischen Fragen auseinandersetzen, ist jedoch auf bestimmte Regionen beschr?nkt, was bundesl?nder?bergreifende Aussagen verunm?glicht. Zudem werden in der Regel nur Teilaspekte von Inklusion untersucht. Mit diesem Beitrag soll infolgedessen eine Br?cke zwischen den in der UN-BRK formulierten Anforderungen und der empirischen Bildungsforschung geschlagen werden. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie sich die Umsetzung von Art. 24 BRK durch quantitative und qualitative Erhebungen ?berpr?fen lassen k?nnte.

Christopher Mihajlovic setzt sich mit der Rolle des sonderp?dagogischen F?rdersystems in Finnland auseinander. Gemeinhin gilt Finnland angesichts der internationalen PISA-Studien als Vorbild f?r ein institutionelles Inklusionsbem?hen im Bildungsbereich. Dabei gilt es genau hinzusehen und aktuelle Ver?nderungen und Entwicklungen auf bildungspolitischer Ebene in Finnland zu ber?cksichtigen. Mit der Beschreibung der aktuellen Reformen im sonderp?dagogischen F?rdersystem in Finnland ist die Absicht verbunden, Ankn?pfungspunkte f?r die Inklusionsdebatte im deutschsprachigen Raum zu finden. Den Hintergrund der Argumentation bilden teilnehmende Beobachtungen des finnischen Unterrichtsalltags durch den Autor, der dabei eine spezifische F?rderkultur in Finnland unter die Lupe nehmen konnte.

Ebenfalls?ber den nationalen Tellerrand hinaus schaut Hans Karl Peterlini. Am Beispiel von S?dtiroler Schulen reflektiert er ?ber die gelebte Inklusionspraxis im italienischen Schulsystem. Ausgangspunkt der Untersuchung auf Basis von Unterrichtsbeobachtungen ist die 40j?hrige Erfahrung mit praktizierter Integration in einer Einheitsschule, wie sie in Italien existiert. Gleichwohl ist es wichtig, hier eine (selbst)kritische Bestandsaufnahme zu wagen und nach zuk?nftigen Potenzialen und Verbesserungen inklusiver Praxisstrategien zu suchen. Die Unterrichtsvignetten fangen exemplarisch Momente von Ein- und Ausschluss im Unterrichtsgeschehen ein und bieten die M?glichkeit der inklusionsorientierten Reflexion. ?Ph?nomenologische Wahrnehmung wird als eine Forschungsperspektive vorgestellt, die anstelle normativer Setzungen die Normalit?t konkreter Lebenswirklichkeit als Ausgangspunkt nimmt und durch diese Anerkennung des Gegebenen zu Normalisierungsvollz?gen beitr?gt?.

Carsten Bender und Birgit Drolshagen betrachten inklusionsorientierte Entwicklungen in der Neuausrichtung der Lehramtsausbildung im Rahmen des Forschungsprojektes DoProfiL an der TU Dortmund. Es geht ihnen dabei sowohl darum, spezifische Studien- und Lernsituationen von Studierenden mit Behinderung nicht zu ?bersehen, als auch darum, Inklusion nicht nur als optimierte Integration von Behinderung zu begreifen. F?r eine zukunftsorientierte Lehramtsausbildung bedarf es nicht zuletzt sowohl einer inklusionsorientierten Hochschullehre als auch einer diversit?tssensiblen Hochschulentwicklung insgesamt.

Michaela Sindermann bezieht die Diskurse der soziologischen Ungleichheitsforschung (Bildungsungleichheit) und der Soziologie sozialer Probleme (Bildungsgerechtigkeit) auf den Kontext der Kunstp?dagogik, um ein gemeinsames Begriffsverst?ndnis inklusiver P?dagogik zu entwickeln. Auch die Kunstp?dagogik blickt auf eine lange Tradition separierender F?rderung einerseits (Bildungsungleichheit) und eine ungerechten Verteilung k?nstlerischer und ?sthetischer Bildung andererseits (Bildungsgerechtigkeit) zur?ck. Als Orientierungsrahmen f?r eine inklusive Kunstp?dagogik schl?gt die Autorin ein Modell der Teilhabegerechtigkeit vor. Eine inklusionsorientierte und bildungsgerechte Kunstp?dagogik bedarf einer Theorieperspektive, die auf die auf Ressourcenentfaltung der Lernenden zielt.

Monika Musilek, Gordan Varelija und Monika Miller stellen ihr Entwicklungsprojekt HdMa (Haus der Mathematik) on tour zum entdeckenden Lernen mathematischer Problemstellungen mit hands-on exhibits vor, das sich an differenzierten Lernzug?ngen orientierte. Diese Lernzug?nge sollten eine niedrigschwellige und dennoch entdeckende Herangehensweise f?r Kinder mit unterschiedlichen Lernvoraussetzungen erm?glichen und somit die Individuallage der Kinder ber?cksichtigen. Der Beitrag pr?sentiert die methodische Anlage und Weiterentwicklung der HdMa on tour und l?sst die didaktische Systematik nachvollziehbar werden.

Laura R?del und Toni Simon thematisieren in ihrem Beitrag das Verh?ltnis von Sprachbildung und inklusionsorientierter (Schul-)P?dagogik. Die Autor*innen zeichnen Argumentationslinien in der aktuellen Forschungsliteratur aus dem Bereich der Sprachbildung nach, mit denen begr?ndet wird, warum Sprachbildung als immanenter Teil von Inklusion verstanden werden kann bzw. sollte. Weiterhin wird ansatzweise der Frage nach dem m?glichen Charakter einer inklusionsorientierten Sprachbildung nachgegangen. In Bezug auf deren Konstitution werden offene Fragen und Forschungsperspektiven formuliert.

Als weitere Themenschwerpunkte der folgenden Ausgaben sind geplant:

2/2018 Grundlagenfragen und Handlungsfelder Wohnen und Arbeit
3/2018 Anti-Psychiatrie und Inklusion
4/2018 Inklusionsforschung im Spiegel akademischer Qualifizierungsarbeiten

Wir w?nschen Ihnen eine anregende Lekt?re.

Carmen Dorrance und Clemens Dannenbeck
f?r die Redaktion von Inklusion-Online

 

Veröffentlicht: 20.04.2025